Versprechen für die Neugestaltung des Bahnhofsgebäudes werden nicht gehalten
Im April wurde ein Bauschild auf dem Bahnhofsvorplatz aufgestellt, auf dem das Bauvorhaben des Gothaer Bahnhofs angekündigt wird. Dort steht, dass „[…] das Bauwerk in seinem ursprünglichen […] Erscheinungsbild wieder aufgebaut“ werden soll. Ein Versprechen der Stadt Gotha an seine Bürgerinnen und Bürger. Am vergangenen Mittwoch, den 24. April hatte die Stadt zusammen mit der BGG und der Architekten-Arbeitsgemeinschaft (IWG Gotha, Wiegand Architekten Waltershausen, AWTW Erfurt) zum „Bürgerdialog Bahnhof Gotha“ geladen. Die Entwurfspräsentation im Gothaer Bahnhofsgebäude beinhaltete jedoch Umbaupläne, die wichtige Fragen und erhebliche Zweifel an einer Rekonstruktion aufwerfen, die das ursprüngliche Erscheinungsbild des ältesten Bahnhofsgebäudes Thüringens als Ausgangsposition nutzt.
Aufstockung und Flachdächer
Laut den Plänen soll sowohl der östliche als auch der westliche Seitenflügel um ein Stockwerk erweitert werden, was im krassen Kontrast zur ursprünglichen Gestalt des Bauwerks steht. Auch der Entwurf der Dachform ignoriert die Ursprünglichkeit des Gebäudes, denn hier sind Flachdächer statt Walm- und Satteldächer geplant. Zudem wurde während der Präsentation nicht deutlich, wie der Eingangsbereich in Zukunft aussehen soll. Werden dort wieder drei Eingänge mit Segmentbögen, wie nach dem Bau der Eingangshalle im Jahr 1907, realisiert oder bleibt der Eingang in seinem jetzigen Zustand?
Ursprüngliche Fenstergestaltung wird ignoriert
Vor der Bombardierung des Gebäudes im Zweiten Weltkrieg wurden vor allem Türen und Fenster mit Rundbögen und Sprossen verbaut, die sich harmonisch in das Gesamtbild einfügten. Die aktuellen Entwürfe sehen bodentiefe schmale Fenster vor, was einem gravierenden Gestaltungsbruch gleichkommt. Auf die vier oberen Fenster im mittleren Gebäudeteil verzichtet man bei den derzeitigen Entwürfen zufolge vollständig. Hier werden voraussichtlich blinde Fenster gebaut, wodurch die Fassade an Authentizität einbüßt.
Versprechensbruch
Den Architekten, die das Bahnhofsgebäude bis 1907 mehrmals erweitert haben, war es gelungen, Umbauten im Einklang mit dem Originalbau von 1848 zu realisieren. Die am 24. April präsentierten Entwürfe der Architekten zeigen erschreckend deutlich, dass die geplanten Umbaumaßnahmen mit dieser Tradition brechen. Defacto entsteht in Gotha ein Bahnhofsgebäude, in dem das ursprüngliche Erscheinungsbild nur andeutungsweise zu erkennen ist. Somit wird das getätigte Versprechen nicht gehalten.
Warum geht man nicht mit Respekt und Sensibilität an den Wiederaufbau, dieses für die Stadt so wichtigen Gebäudes?
Eine sich am historischen Gebäudeteil orientierende Erweiterung würde die Formen der historischen Architektur in den neuen Bau integrieren. Auf Flachdächer und schmale Fenster ohne Sprossen sollte unbedingt verzichtet werden. Stattdessen sollten Elemente wie Fenster und Türen mit Rundbögen und Walmdächer Teil der Planung sein. Auch die ursprüngliche Quaderung des Putzes und Gesimse sollte wieder angebracht werden.
Das Stadtforum Gotha ruft die Stadt Gotha und die Architekten-Arbeitsgemeinschaft auf den Bürgerdialog fortzusetzen. Eine Folgeveranstaltung muss die Möglichkeit bieten Gestaltungsfragen der zukünftigen Fassade erneut zu diskutieren. Um eine größtmögliche Beteiligung zu erreichen, sollte diese Veranstaltung zudem so terminiert werden, das auch Erwerbstätige problemlos daran teilnehmen können.
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